Was(ser) haben wir an? 

Jeans, T-Shirt und Co.: Unsere Kleidung verbraucht nicht nur Unmengen an Wasser, sondern verschmutzt es auch. Wie unser Modekonsum dem blauen Gold schadet.

Von Giordana Marsilio und Denise Thomas

In unserem Kleiderschrank hängt also literweise Wasser. Was bedeutet das? Bis ein Kleidungsstück bei uns ankommt, hat es schon tausende Liter Wasser geschluckt. Produktionsschritte wie das Spinnen von Rohstoffen zu Garn, das Verweben der einzelnen Garne und Veredelungstechniken wie beispielsweise Färben können nur mithilfe von Wasser stattfinden. Allein beim Färben werden aber schon bis zu 150 Liter – also eine volle Badewanne – Wasser pro Kilogramm Stoff verbraucht.

Im Jahr 2015 beispielsweise wurden laut dem Wissenschaftlichen Dienst des Europäischen Parlaments in der Bekleidungsindustrie weltweit 79 Milliarden Kubikmeter Wasser verbraucht – das ist anderthalb Mal der Bodensee. Dabei verbrauchen nicht alle Materialien gleich viel Wasser.

Baumwolle schluckt literweise Wasser

Der wasserintensivste Rohstoff ist etwa Baumwolle, die in knapp der Hälfte aller Textilien weltweit enthalten ist. 10.000 Liter Wasser – also knapp 67 Badewannen – verbraucht die Produktion von einem Kilo Baumwoll-Textilien im globalen Durchschnitt. Der genaue Wasserverbrauch schwankt jedoch zwischen den verschiedenen Ländern, in denen Baumwolle angebaut und verarbeitet wird. Während es dem Water Footprint Network zufolge in China 6.000 Liter pro Kilo Baumwolle sind, kostet ein Kilo Baumwoll-Textil in Indien 22.500 Liter Wasser. Der hohe Wasserverbrauch in der Baumwollproduktion ist folgenschwer. In Zentralasien beispielsweise hat er zur Austrocknung des Aralsees beigetragen, weil aus seinen Zuflüssen Wasser für die künstliche Bewässerung von Baumwollfeldern abgepumpt wurde. 

Polyester: „Ein Tropfen Öl kontaminiert 1.000 Liter Wasser“

Deutlich weniger Wasser verbraucht die Produktion von Kleidungsstücken aus Chemiefasern wie Polyester. Für ein Kilo Polyester-Textil werden dem Water Footprint Network zufolge rund 60 Liter Wasser verbraucht. Im Umkehrschluss ist die Kunstfaser jedoch keineswegs umweltfreundlich. Denn Polyester wird aus Rohöl gewonnen und „ein Tropfen Öl kontaminiert 1.000 Liter Wasser“, erklärt Viola Wohlgemuth, Pharmazeutin und Expertin für Chemie in der Textilindustrie bei Greenpeace Deutschland

Aber nicht nur das Erdöl ist ein Problem. Die Textilindustrie bedient sich zahlreicher Chemikalien, die dann ins Abwasser fließen. „Ein Textil kommt im Laufe seines Lebens mit bis zu 3.000 verschiedenen Chemikalien in Berührung – bis es dann in unserem Kleiderschrank hängt”, sagt Wohlgemuth.

In der Kleidungsproduktion werden immer noch Chemikalien verwendet, die zum Beispiel in Europa oder den USA verboten sind. Sie sind umwelt- und gesundheitsgefährdend. Um genau diesen Auflagen zu entfliehen, sind große Teile der Textilindustrie nach Südostasien ausgewandert. Die Textilindustrie, sagt Wohlgemuth, sei eine der schmutzigsten Industrien weltweit.

Waschen setzt Mikroplastikteilchen frei

Aber nicht nur bei der Produktion der Textilien werden Schadstoffe und Chemikalien ins Wasser abgegeben. Auch wenn die Kleider schon längst bei uns im Schrank hängen, verschmutzen sie weiter das Wasser – etwa beim Waschen. Ein Beispiel dafür sind Nonylphenole, billige und effektive Waschmittel. Sie entstehen aus einer Mischung verschiedener chemischer Verbindungen und sind persistent in der Umwelt. Wenn sie einmal ins Wasser gelangen, bleiben sie dort. Das Wasser wird so sehr mit Chemikalien kontaminiert, dass es auch nachträglich nicht mehr für Menschen, Tiere und Pflanzen nutzbar ist. 

Quelle: Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments / Canva

Und dann ist da noch ein weiteres Problem: Ohne, dass es uns bewusst ist, tragen wir oft Plastik am Körper. Im Durchschnitt bestünden Textilien heutzutage zu 70 Prozent aus synthetischen Polymeren, erläutert Wohlgemuth. Das sei nichts anderes als Plastik. Man geht davon aus, dass mit jedem Waschgang hunderttausende dieser Mikroplastik-Teilchen freigesetzt werden. Die bis jetzt bereits existierenden Filter, die in deutschen Waschmaschinen vorhanden sind, sind nicht in der Lage, dieses Mikroplastik vollkommen herauszufiltern. Um sich das bildlich vorzustellen, nennt Wohlgemuth die Fleecejacke als Beispiel: „Sie verliert bis zu 30 Prozent ihres Gewichtes durch die Waschgänge im Laufe ihres Lebens – alles Mikroplastik.”

Während unsere Kleider beim Waschen sauber werden, wird Wasser weiter verunreinigt. Dagegen kann man nur eines tun: weniger neues kaufen und leihen, teilen, tauschen.